Modul 2 – Der Bildausschnitt

Was gehört ins Bild – und was nicht?

„Ein gutes Bild zeigt nicht alles, sondern das Richtige.“

sinngemäß angelehnt an Henri Cartier-Bresson

1. Einführung: Der Rahmen als Entscheidung

Wenn du durch den Sucher schaust oder dein Display betrachtest, entscheidest du über den Bildausschnitt – also darüber, was im Bild zu sehen ist und was außerhalb bleibt. Diese Entscheidung hat einen riesigen Einfluss auf die Bildwirkung.

Ziel dieses Moduls:
Den Bildausschnitt bewusst wählen lernen
Verstehen, wie der Rahmen Spannung oder Ruhe erzeugt
Motive klarer und aussagekräftiger gestalten

2. Theorie: Der Bildausschnitt als Werkzeug

A) Was ist der Bildausschnitt?

Der Bildausschnitt beschreibt den Bereich der Szene, den du auswählst – also den „Rahmen“, den du mit deiner Kamera festlegst. Alles außerhalb existiert für den Betrachter nicht mehr.

Wichtig: Nicht alles, was du siehst, gehört ins Bild. Zeig nur, was für deine Aussage wichtig ist.

B) Formatwahl: Quer, Hoch oder Quadrat?

  • Querformat (Landscape)
    wirkt ruhig, weit, erzählerisch. Gut für Landschaften, Straßen, Gruppen.
  • Hochformat (Portrait)
    wirkt betonend, konzentriert. Gut für Einzelpersonen, Bäume, Türme.
  • Quadrat
    wirkt ausgewogen, reduziert. Ideal für grafische Kompositionen, Formen.

Tipp: Mach ein Motiv mal in allen drei Formaten – du wirst den Unterschied spüren.

C) Nähe oder Distanz?

Nähe (z. B. Detailaufnahme, Nahaufnahme):

  • Emotional, intim, klar
  • Betont Einzelheiten
  • „Erzählt weniger – zeigt mehr“

Distanz (z. B. Totale, Weitwinkel):

  • Kontext wird sichtbar
  • Erzählt eine Geschichte
  • kann aber unruhig wirken, wenn zu viel drin ist

Merke: Nähe zeigt das „Was“, Distanz zeigt das „Wo“.

D) Was stört – was stärkt?

  • Was stört: Mülltonnen, Verkehrsschilder, unruhiger Hintergrund, zufällige Passanten
  • Was stärkt: Linien, Wiederholungen, interessante Formen, Kontraste

Trainiere deinen Blick: Was in deinem Bild stärkt das Motiv – was lenkt ab?

3. Fachbegriffe im Klartext:

  • Anschnitt: Das bewusste Abschneiden eines Motivs am Bildrand – kann Spannung erzeugen oder Nähe verstärken.
  • Komposition: Die Anordnung der Bildelemente im Rahmen. Eine gute Komposition fühlt sich „stimmig“ oder „ausgewogen“ an.
  • Rahmung: Wenn ein Bildteil einen anderen einrahmt (z. B. ein Fenster um eine Person). Nutze „natürliche Rahmen“!

4. Übungen: Der Rahmen macht das Bild

Übung 1: Ein Motiv – drei Bildausschnitte
  • Such dir ein einfaches Motiv (z. B. ein Stuhl, eine Statue, ein Baum).
  • Mach drei Versionen:
    1. Totale (von weiter weg, viel Umgebung)
    2. Halbtotale (Fokus auf Motiv + bisschen Umgebung)
    3. Detail (nur ein Ausschnitt des Motivs)

Ziel: Sehen lernen, wie der Bildausschnitt die Aussage verändert.

Übung 2: Störendes vermeiden – bewusst gestalten
  • Wähle ein Motiv.
  • Mach zuerst ein Schnappschussfoto, ohne groß nachzudenken.
  • Dann: Schau auf den Hintergrund, auf Ränder, auf Licht.
  • Mach ein neues Bild – ohne störende Elemente.

Tipp: Wenn der Hintergrund nicht passt – verändere deinen Standpunkt, nicht das Motiv.

Übung 3: Rahmen im Rahmen
  • Finde ein Motiv, das du durch etwas hindurch fotografieren kannst:
    z. B. durch ein Fenster, durch eine Tür, unter einem Ast hindurch.
  • Das erzeugt Tiefe und visuelle Rahmung.

Ziel: Den Rahmen als kreatives Element nutzen.

5. Reflexion: Fragen für dein Notizbuch

  • Welcher Bildausschnitt hat dich überrascht? Warum?
  • Hast du bemerkt, wie sich die Wirkung des Motivs verändert, wenn du näher dran bist?
  • Was ist dir schwergefallen?
  • Gibt es ein Bild aus den Übungen, dass du besonders stark findest?

6. Vertiefung (optional): Kompositionen beobachten

Wenn du unterwegs bist, schau dir Schaufenster, Zeitschriftencover oder Filmstills an.
Frage dich:

  • Wo liegt das Hauptmotiv im Bild?
  • Wie ist der Ausschnitt gewählt?
  • Was wäre, wenn man es anders gerahmt hätte?

7. Abschlussaufgabe: Dein bestes Bild mit bewusster Rahmung

Wähle aus deinen heutigen Fotos das eine Bild, bei dem du die Bildgestaltung am stärksten kontrolliert hast. Notiere:

  • Warum hast du genau diesen Ausschnitt gewählt?
  • Was wurde weggelassen – und warum?
  • Hat der Rahmen das Motiv unterstützt?
Modul 2 – Der Bildausschnitt: Der Bildausschnitt ist kein Zufall – sondern ein Werkzeug. Wer den Rahmen bewusst setzt, kontrolliert nicht nur, was gezeigt wird, sondern auch, wie das Bild wirkt.

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