Modul 6 – Licht als Gestaltungsmittel: Fotografieren heißt Licht verstehen

„Ohne Licht kein Bild – und ohne gutes Licht kein gutes Bild.“

Inspiriert von George Eastman (Kodak-Gründer)

1. Einführung: Licht macht das Bild

Licht ist das zentralste Gestaltungsmittel in der Fotografie. Es bestimmt nicht nur, wie hell ein Bild ist, sondern auch, wie es wirkt – emotional, grafisch, dramatisch oder weich. Wer Licht sieht, bevor er fotografiert, macht bewusste Bilder statt bloßer Aufnahmen.

Ziel dieses Moduls:

  • Lichtarten und -richtungen erkennen
  • Licht gezielt zur Bildgestaltung nutzen
  • Mit Lichtstimmung und Schatten Atmosphäre erzeugen

2. Theorie: Was ist Licht in der Fotografie

A) Licht ist nicht gleich Licht

  • Helligkeit = Wie viel Licht fällt aufs Motiv
  • Richtung = Woher kommt das Licht?
  • Härte/Weichheit = Wie deutlich sind die Schattenkanten?
  • Farbe = Warmes (gelb/orange) oder kühles (bläuliches) Licht

Licht kann zeichnen, verbergen, überhöhen oder erzählen.
Je besser du es liest, desto bewusster kannst du gestalten.

B) Arten von Lichtquellen

  • Natürliches Licht: Sonne, Fenster, Kerze
  • Künstliches Licht: Glühbirne, Neonröhre, LED, Blitz

Lichtquellen beeinflussen Stimmung, Farbe und Intensität – und brauchen manchmal kreativen Umgang (z. B. durch Abschirmen oder gezielte Nutzung von Schatten).

C) Licht-Richtungen und ihre Wirkung

LichtartBeschreibungWirkung
FrontlichtLicht kommt von vorneflach, wenig Schatten, neutral
SeitenlichtLicht von links oder rechtsmodellierend, plastisch
GegenlichtLicht von hintenSilhouetten, Stimmung, Drama
StreiflichtLicht kommt sehr flach von der Seitebetont Struktur und Oberfläche
OberlichtLicht direkt von oben (z. B. Mittagssonne)hart, wenig Tiefe

Tipp: Halte deine Hand vor dich – so kannst du Lichtstärke, Richtung und Schattenwirkung leicht testen.

3. Fachbegriffe im Klartext

  • Lichtrichtung: Der Weg, den das Licht zum Motiv nimmt – formt Schatten und Tiefe.
  • Schattenzeichnung: Wie weich oder hart die Übergänge von Licht zu Schatten sind.
  • Goldene Stunde: Die Zeit kurz nach Sonnenaufgang oder vor Sonnenuntergang – weiches, warmes Licht.
  • Blaue Stunde: Die Zeit kurz vor Sonnenaufgang oder nach Sonnenuntergang – kühles, diffuses Licht mit besonderer Stimmung.

4. Übungen: Licht beobachten – Licht gestalten

Übung 1: Ein Motiv – drei Lichtvarianten

  • Wähle ein Objekt in deiner Wohnung oder draußen (z. B. eine Tasse, ein Gesicht, ein Ast).
  • Fotografiere es zu drei verschiedenen Tageszeiten:
    1. Morgens
    2. Mittags
    3. Abends (bzw. zur Blauen oder Goldenen Stunde)

Ziel: Vergleiche Lichtqualität, Stimmung und Schatten – und wie sich das Bild verändert.

Übung 2: Seitenlicht für Tiefe

  • Positioniere ein Objekt so, dass es seitlich beleuchtet wird (z. B. am Fenster).
  • Fotografiere es:
    • Einmal mit direktem Licht
    • Einmal mit Abschattung (z. B. durch Vorhang oder Papier)

Ziel: Erlebe, wie Licht die Plastizität beeinflusst.

Übung 3: Licht als Hauptmotiv

  • Suche eine Szene, in der das Licht selbst das Bild macht – z. B.:
    • ein Lichtfleck auf dem Boden
    • Sonnenstrahlen durch Blätter
    • eine Schattenlinie an der Wand
  • Fotografiere bewusst nicht das Objekt, sondern das Lichtspiel.

Tipp: In Schwarzweiß wirken solche Szenen besonders stark.

5. Reflexion: Wie wirkt Licht auf dich – und dein Bild?

  • Wann hast du Licht bewusst wahrgenommen, bevor du fotografiert hast?
  • Welche Lichtstimmung hat dich besonders berührt?
  • Was war schwieriger: Helles Licht oder schwaches Licht? Warum?
  • Welche Lichtquelle wirkt für dich „ehrlich“, welche eher „inszeniert“?

6. Vertiefung (optional): Lichttagebuch führen

  • Fotografiere eine Woche lang jeden Tag dieselbe Szene (z. B. ein Fenster, ein Raum, ein Baum).
  • Immer zur gleichen Uhrzeit – oder absichtlich zu verschiedenen Zeiten
  • Beobachte: Wie verändert sich Lichtstimmung, Farbe, Tiefe?

Ziel: Ein tieferes Lichtverständnis entwickeln – über Zeit, Jahreszeit, Wetter

7. Abschlussaufgabe: Dein Bild mit Lichtwirkung

Wähle ein Bild, das besonders durch Licht gestaltet wurde – nicht durch Motiv oder Technik.
Beantworte:

  • Was war die Lichtrichtung – und warum hast du sie gewählt?
  • Welche Stimmung vermittelt das Bild?
  • Wie hättest du das Licht verändern oder gezielter nutzen können?

Modul 6:
Licht ist mehr als nur Helligkeit – es ist der Klang der Fotografie. Wer Licht sieht, gestaltet Bilder mit Tiefe, Gefühl und Atmosphäre. Im nächsten Modul erfährst du, wie Farbe und Tonwerte die Bildwirkung weiter beeinflussen – und wie du zwischen Farbe und Schwarzweiß bewusst wählen kannst.

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